Da hat man die ersten Schachzüge gelernt und schon ist man voller Begeisterung dabei, seine Schachkarriere voranzutreiben. Da wird ein Gegner zuerst mit einer Springergabel gedemütigt und dann genüsslich mit zwei Türmen Schachmatt gesetzt. Ja, das macht Spaß! Und dann geht es auch ziemlich schnell weiter Voran. Dein Internetrating steigt und steigt und du hast dich innerhalb weniger Monate von einem 700er Rating auf ein 980er Rating verbessert. Echt nice, die 1.000er Marke ich zum Greifen nah und was passiert? Na klar, du erreichst gegen einem für dich unbekannten Australier, in einem sehr emotionalen Achterbahnspiel einen Sieg und trittst dem 1.000er Club bei, wobei dein Rating derzeit sogar mit 1.020 angegeben ist. Wie wird deine Schachkarriere wohl weitergehen? Wenn du weiterhin so viel gewinnst, bist du vermutlich in wenigen Monaten GM, also ein Großmeister.
Vermutlich wirst du über die Zeit festgestellt haben, dass die Gegner auf den höheren Ratingstufen besser wussten, wie Schach zu spielen ist. Und du dann doch immer ein wenig länger gebraucht hast, um auf eine neue Spielstärke zu kommen. Mann kann leider nur aufsteigen, indem man die Gegner auf der aktuellen Spielstufe besiegt… und das wird dann von Spielstufe zu Spielstufe schwieriger… Weil die Gegner einfach weniger Fehler machen und besser einschätzen können was in der jeweiligen Position auf dem Schachbrett sinnvoll ist oder eher nicht sinnvoll ist. Beim Schach kann man nämlich nicht tun, was man tun will, sondern muss sein Spiel an die Situation auf dem Spielfeld anpassen. Du bist ein Angriffsspieler? Aber dein Gegner hat einen stärkeren Angriff als du, und so musst du dich zuerst um die Sicherheit deines Königs kümmern und dann solltest du eigentlich vom Angriffsmodus in den Defensivmodus umschalten und dann halt solange wie nötig als Defensivspieler funktionieren. Das kommt dann mit der Zeit und deiner Spielerfahrung.
Eventuell hast du sogar einen Trainer oder Freund, der dir ein paar Tipps gibt und du nicht alles selber herausfinden darfst. Zum Anfang deiner Schachkarriere wirst du sicherlich die Situation auf dem Schachbrett falsch einschätzen und einfach weiter angreifen, obwohl du das eigentlich nicht solltest. Du hast dich und deine Kenntnisse überschätzt…
Genauso wie beim Schach hast du natürlich auch beim Sparen und Investieren viele Zugmöglichkeiten. Die richtigen Züge zur richtigen Zeit zu machen ist auch hier Erfahrungssache. Dir stehen hierbei viele „Spar- und Investitionsfiguren“ zur Verfügung. So kannst du am Finanzmarkt viele „Figuren“ verwenden, um bspw. eher offensiv oder defensiv zu spielen. Das kann Optionsscheine, Futures oder weitere komplexe Finanzfiguren umfassen. Nur weil solche Figuren existieren, musst du sie ja nicht am Anfang gleich verwenden, da du vermutlich noch gar nicht mit den Vor- und Nachteilen der Produkte vertraut bist. Wie beim Erlernen des Schachspiels dauert es auch beim Investieren seine Zeit, bis man etwas verstanden hat und die Zeit dann reif ist, die richtige Finanzfigur zur richtigen Zeit zu spielen. Auf Kredit investieren, wenn man keine liquiden Reserven hat? Ja, das geht, bringt aber natürlich diverse Risiken mit sich. Du gehst sozusagen auf Angriff, aber das könnte zu dem Zeitpunkt genau die falsche Entscheidung sein.
Also bitte nichts überstürzen und nicht überheblich werden. Nur weil dein ein oder anderes Investment sehr positiv gelaufen ist, heißt das nicht, dass das auch für die Zukunft realistisch ist. Deshalb keine unrealistischen Erwartungen haben. War dein eigenes Schachspiel so gut, oder lag es an deinem Gegner, der sich letztlich selber besiegt hat? Ebenso, wie du mit beständigem Training im Schach besser wirst, so lehren dich deine Investments über die Zeit auch viele Lektionen. Es gilt jedoch gerade zu Beginn darauf zu achten, nicht unkalkulierbare Risiken einzugehen und finanziell Niederlage nach Niederlage zu kassieren. Vielmehr gilt es schrittweise vorzugehen und erst bei einem besseren Verständnis des Finanzspielfeldes eventuell auch mal eine neue, für dich bislang ungenutzte Finanzfigur ins Spiel zu bringen. Das kann z.B. eine Einzelaktie sein, die du als Beimischung zu deinem ETF-Sparplan verwendest, um möglicherweise deine persönliche finanzielle Freiheit schneller zu erreichen. Nur weil eine Aktie wie NVIDIA eine phänomenale Performance hingelegt hat, heißt das aber nicht, dass deine Einzelaktie eine ebenso erfolgreiche Firma ist. Also auch hier keine unrealistischen Erwartungen haben… Solltest du tatsächlich ein Schachspieler sein, dann mal weiterhin viel Erfolg beim Erreichen deiner Schach- und natürlich auch deiner Investmentziele!